Blog

schöner leben … Sammelband 2023

schöner leben … Ein gut verständliches, lebensnahes Magazin mit den verschiedensten Informationen rund um Hospizarbeit und Palliativversorgung. Das Magazin sollte eine eierlegende Wollmilchsau werden, zugleich ausgesprochen leicht verdauliche Kost anbieten, außerdem relevant für den Alltag und relevant für die Versorgung schwerstkranker Menschen sein. 

Nun, dieses bunte, vielfältige Menü mundet vielen Lesern sehr gut. 

Unser Sammelband erscheint kurz nach Ostern, für 20 EUR kann er bei der PalliativStiftung bestellt werden. Hier ist schon einmal die PDF zu Blättern:

https://www.palliativstiftung.com/de/shop/gedrucktes/sammelband-2023-schoener-leben

Denn: Die ersten Hefte sind vergriffen und werden weiter nachgefragt. Wir haben einen Jahresband daraus gemacht und weil das Magazin über die Monate gewachsen ist, erwachsen geworden ist und sich immer weiterentwickelt, wurde das Layout angeglichen und aufgefrischt, der Inhalt so überarbeitet, dass  die Kalender und Termine herausgenommen und hier und da kleine Aktualisierungen gemacht wurden.

Viele Freude beim Lesen. Bitte tragen Sie das Wissen um die wunderbaren Möglichkeiten von Hospizarbeit und Palliativversorgung weiter. 

Sie wissen ja, wenn nichts mehr getan werden, ist noch so viel zu tun.

Fastenpredigt


Ethische Probleme der Palliativmedizin

Fastenpredigt zum dritten Sonntag in der Fastenzeit, 03. März 2024 in der Kirche Mariae Himmelfahrt in Herxheim
Leben schenken – gestalten – bewahren

An der Seite des Lebens

Redigierte Abschrift meiner Ansprache mit Hinweisen/Antworten aus der sich daran anschließenden Diskussion

Liebe Brüder und Schwestern
In der öffentlichen Diskussion haben rein glaubensbasierte, kirchliche Argumente meines Erachtens nichts zu suchen oder zumindest keine Bedeutung. Hier möchte ich gerne christlichen Lesern einige Gedanken zu ethischen Problemen in der Palliativversorgung näherbringen. Vielleicht ist es mehr meine evangelische Sicht? Ich kann es nicht sagen, Sie werden es nach meinen zehn kurzen Gedanken entscheiden mögen.

1 Angelus-Gebet
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus. Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes.
Welch einen verborgenen Schatz besitzen praktizierende Katholiken. Erinnert Sie doch das Angelus Gebet mit jedem Glockenläuten an jedem Morgen, an jedem Mittag, an jedem Abend daran sterblich zu sein! Den meisten Protestanten ist es wohl weitgehend unbekannt. Als Mann in einer stark katholisch geprägten Familie ist es mir vertraut. Wenngleich es von den meisten Katholiken wohl viel zu wenig aktiv genutzt wird.
Aber hatten nicht schon die römischen Imperatoren beim Triumphzug durch Rom einen Sklaven hinter sich, der sie beständig erinnerte: „Memento mori.“
Die Erinnerung an die eigene Sterblichkeit wird in der heutigen Zeit oft verdrängt.

2 Natalie R.
Wir versorgen eine schwerst hirngeschädigte Patientin. Eine junge, 24-jährige Frau, die beinahe erwürgt wurde vom Ex-Freund. Sie kann sich nicht verständlich äußern, aber, sie zeigt eindeutige Panik bei Männerstimmen im Raum. Panik bei der Pflege, wenn man ih- ren Hals berührt. Panik, wenn der Schlauch, der in ihrem Hals steckt, gewechselt werden muss.
Und das ist oft.
Was macht man da als Mensch, als Angehöriger, als Pflegefachkraft? Was würden Sie dabei empfinden? Was würden Sie überlegen? Was würden Sie tun?
Sie können mehr dazu im Heft 2023-4 und Heft 2024-1 des Magazines der Deutschen PalliativStiftung „schöner leben …“ lesen, Download möglich unter www.schoener-leben.info .

3 Ein Papstzitat
Ich bin evangelischer Christ, mich hat aber niemals im Leben ein Mensch mehr beeindruckt als Papst Franziskus, mit dem ich kurz sprechen durfte. Ich bin danach öfters in Rom gewesen zu Gesprächen über und Veranstaltungen für die Fragen des Lebensen- des. Papst Franziskus schrieb später im Grußwort zu einem Kongress der World Medical Association im Jahre 2016 zur den technischen Möglichkeiten der Lebenserhaltung:
„Eine solche Entscheidung erkennt verantwortungsbewusst die Grenzen unserer Sterb- lichkeit an, sobald klar wird, dass es aussichtslos ist, sich ihr zu widersetzen.
Hier will man nicht den Tod herbeiführen, sondern man akzeptiert lediglich seine Unfähig- keit, ihn zu verhindern (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2278). Dieser Unter- schied in der Perspektive stellt die Menschlichkeit in der Begleitung der Sterbenden wie- der her, ohne die Unterdrückung der Lebenden rechtfertigen zu wollen. Es ist klar, dass das Unterlassen oder Aussetzen unverhältnismäßiger Maßnahmen bedeutet, eine übermäßige Behandlung zu vermeiden; vom ethischen Standpunkt aus gesehen ist dies et- was völlig anderes als die Euthanasie, die immer falsch ist, da die Absicht der Euthanasie darin besteht, das Leben zu beenden und den Tod zu verursachen.“

4 Ein zweites Zitat von Papst Franziskus:
Papst Franziskus sagte bei seinem sonntäglichen Angelus-Gebet am Karnevalssonntag, 11.02.2024:
„Fragen wir uns heute: Höre ich den Menschen zu, bin ich zugänglich für ihre positiven Anliegen? Oder erfinde ich Ausreden, zögere ich, verstecke ich mich hinter abstrakten und nutzlosen Worten? Wann habe ich das letzte Mal einen einsamen oder kranken Menschen besucht – jeder antworte in seinem Herzen – oder wann habe ich das letzte Mal meine Pläne geändert, um auf die Bedürfnisse derer einzugehen, die mich um Hilfe bitten?“.
So hat er uns direkt angesprochen. So will ich auch Sie konkret ansprechen.
Bitte werden Sie aktiv.
Hören Sie hin.
Sehen Sie nicht weg.
Nehmen Sie die Not der Nächsten wahr.
Nehmen Sie die Not der Gesellschaft wahr, die sich jetzt nicht zum Guten hin verändert. Werden Sie Palli-Aktiv.

5 Zur öffentlichen „Sterbehilfe“Diskussion.
In Wirklichkeit ist dies eigentlich eine Tötungshilfe-Diskussion.
Stellen Sie sich vor, ein lieber Mensch in höchster körperlicher, auch seelischer Not, mit Schmerzen, Atemnot, furchtbarsten Wunden bittet Sie um Hilfe. Um Erlösung.
Vielleicht hat es der eine oder andere schon erlebt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, was es mit einem Menschen macht. Ich habe einen Bruder, der mit 17 durch Suizid gestorben ist, einen Großvater, drei gute Freunde, die durch Suizid gestorben sind. Was es mit einem Menschen macht, wenn ich den Ausweg suche und das Lebensende schneller herbeiführe.
Hier ist Hören, Schweigen wichtiger als Reden.
Denken Sie bitte kurz darüber nach, über Ihre Erfahrungen, Ihre Gefühle, Ihre Ängst, be vor Sie weiterlesen.

6 Das allgegenwärtige Framing.
„Framing“, das ist die Rahmengebung um ein Ziel herum. Das, was ich tue, wenn ich etwas durchsetzen will. Die Öffentlichkeitsarbeit, die Stimmungsmache, selektiv herauspickend einige Aspekte, Wichtiges unterschlagend, teils auch klar zu desinformieren. Fra- ming ist auch in der Diskussion ums Lebensende allgegenwärtig.
1943 gab es den Film „Ich klage an.“, erstklassig umgesetzt, man könnte auch heute noch sehr gut damit „Werbung für Sterbehilfe“ machen.
2012 „Liebe“ von Nikolaus Harnancourt. Umjubelt. Preisgekrönt. Ein Ehemann erstickt seine demente Ehefrau mit einem Kissen.
2014 und auch noch einige Male mehr. Moderator Stefan Hallaschka begleitet ein Ehe- paar zum TV-Doppelsuizid bei Dr. Preisig in Bern.
… und viele, viele andere Beiträge in Wort, Schrift und Bild inszenieren das Sterben, he- roisieren den Kampf ums Tiertötungsmittel NatriumPentobarbital (NaP) zur Selbsttötung von Menschen und beschönigen den Suizid als Lösung gegen unerträgliches Leiden. Auch in der Bundestagsdebatte zum § 217 StGB wird von manchen Abgeordneten Wich- tiges verschwiegen und Emotionales falsch verüberdeutlicht: „… Der Tumor, der stinkend aus dem Hals wächst …“, da müsse man doch helfen, so formuliert es Pfarrer Peter Hintze MdB.

7 Noch ein echter Patient
Eine Patientin, Ende 20, möchte ich Ihnen ans Herz leben. Krebs, mit sehr belastenden Metastasten am Oberkörper. Sie fragt mich irgendwann, als sie Angst bekommt, es ein- mal nicht mehr ertragen zu können. Wie kann sie sich im Fall der Fälle das Leben neh- men, wenn sie es gar nicht mehr ertragen kann. Wir sprechen lange darüber. Wir binden auch die Eltern und Geschwister mit ein.
Dann sind wir uns einig, dass die rechtlich erlaubte Selbsttötung in dieser Situation schwierig und unsicher werden wird. Sicher ist dann nur die Tötung durch einen anderen, wenn die Patientin selbst zu schwach ist. Ich weiß, dass es nahezu immer ist, dann medi- zinisch andere Lösungen zu finden. Da bin ich mir nahezu vollkommen sicher. Zu 100,000 %. Wir können das Leiden immer anders lindern. Ich bin Anästhesist und als solcher verstehe ich mein Handwerkszeug der Linderung und zum Schlafen legen. Ich sage ihr als Ultima Ratio, also letzte unwahrscheinliche Lösung zu, dann bringen wir es für Sie zu Ende.

8 Lindern immer!
Was kommt danach? Dreimal blutet sie so, dass es ohne Hilfe zum Tode führen wird. Dreimal rette ich ihr das Leben, weil es blutet. Hätten wir die Blutung nicht gestoppt, ein völlig leidreier Tot wäre zu ihr gekommen. Aber sie wollte weiterleben, bis sie schließlich eines natürlichen Todes stirbt.
Ohne mein Versprechen hätte sie sich wohl schon vorher ihr Leben genommen. So konnte sie in Sicherheit weiterleben. Sie hat gewusst, wenn das Leiden wirklich überhandnähme, wenn es wirklich unerträglich würde, würden wir sie davon befreien, auch vom Leben befreien. Und das hat sie am Leben gehalten.

Und hätte ich, Gott bewahre, mein Versprechen einlösen müssen, so hätte ich mich dafür vor Gericht verantworten müssen.
Aber für viele andere Palliativexperten, auch für mich, gäbe keine vorstellbare Möglichkeit, solch allerseltenste Ausnahmefälle vorab gesetzlich zu regeln, ohne damit auf die schiefe Ebene zu kommen von der Suizidassistenz, über die Tötung auf Verlangen und dann auch zur Tötung ohne Verlangen. Für Erwachsene und später auch für Kinder jeden Alters. So haben es uns bereits viele andere Länder vorgemacht. Einer gutgemein- ten und restrikten Regelung folgt bald darauf die Verschiebung der Grenzen und Roten Linien.
Die Linderung des Leidens und die Unterstützung des Patienten stand auch früher schon im Zentrum der Aufgaben des Arztes, wie ein französisches Sprichwort aus dem 16. Jahrhundert zusammenfasst: Guérir quelquefois, soulager souvent, consoler toujours („Heilen manchmal, lindern oft, trösten immer“).
Heute, mit der modernen Medizin, den modernen Methoden, mit exzellenter Ausbildung, mit einem engagierten Team können wir Leiden lindern, von denen es sonst heißt, da kann man nichts mehr tun. Wir haben schon viele Krankheiten ausrotten können. Vieles heilen können. Aber nicht alles. Auch den Krebs werden wir nicht besiegen. Letztlich ist für uns Christen doch auch der Tod nicht das Ende, sondern ein Ziel für den Beginn. Den Beginn des Ewigen Lebens bei Gott, nicht hier auf Erden. Wer möchte denn schon auf der Erde ewig leben? Ich nicht.
In jetzt 46 Berufsjahren in der Pflege und der Medizin habe ich gelernt, dass mit Fantasie, mit Mut, mit Demut, mit viel Fachkenntnis Leiden lindern können, das viele so nicht für möglich halten.
Aber viel zu oft, werden Palliativexperten viel zu spät gerufen und um Hilfe gebeten. Da heißt es dann regelmäßig, „wenn ich das vorher gewusst hätte, wäre mir soviel erspart geblieben.“ Was dann vorher erlitten werden musste, ist dann nicht mehr zu verhindern. Wir werden als Palliativexperten im Durchschnitt rund dreieinhalb Wochen vor dem Tod hinzu gerufen.
Dabei können wir Leiden lindern und dadurch den Tagen mehr Leben geben und dem Leben mehr Tage.
Dass wir so gut lindern können, bedeutet leider nicht, dass es überall und jederzeit mög- lich ist. Natürlich gibt es Lücken im Netz. Ich habe selbst die ersten SAPV-Teams aufge- baut. Es wird immer Lücken geben aus den verschiedensten Gründen. Und: Nicht überall wo „palliativ“ drauf steht, ist auch „palliativ“ drin.

9 Palli-Aktivisten
Werden Sie bitte aktiv.
Werden Sie palli-aktiv.
Lesen Sie unser Magazin „schöner leben …“, dann sehen Sie, was man alles machen könnte.
Sprechen Sie darüber, was sie erfahren haben.
Viele von uns sind Betroffene in der ein oder anderen Weise.

Legen Sie auch den Finger in die Wunde, wenn die Umstände nicht so waren, wie es möglich gewesen wäre.
Weisen Sie darauf hin, wenn es Missstände in der Palliativversorgung gibt. Schweigen Sie nicht, wenn die angemessene Versorgung schwerstkranker Bewohner von Pflegeeinrichtungen immer schwieriger wird.
Man darf auch sagen, „das Sterben war schön, ich habe jetzt ein Stückchen weniger Angst vor dem Tod.“
Stehen Sie auf, werden sie aufsässig, wenn es Not tut.
Die sogenannte „Sterbehilfe“, in der Regel ist es aber die Tötung auf Verlangen, nimmt rings herum zu. Holland, Belgien, Luxemburg, Schweiz überall gehen die Zahlen nach oben und die Grenzen werden verschoben. In Kanada gibt es schon medizinisch gut ver- sorgte, urbane Regionen – nicht in der kanadischen Wildnis – in denen Tötung auf Ver- langen für 10 % aller Todesfälle verantwortlich ist. Das sind Zuwachszahlen, die ich kaum für möglich gehalten habe.
Mein Ziel?
Herr Castellucci MdB wird hier in 14 Tagen sprechen, er will ein Gesetz zur Regelung der Beihilfe zur Selbsttötung einführen, Wir glauben mittlerweile, dass alle Gesetze und Nor- men die gut gemeint geschaffen werden zur Normalisierung und Akzeptanz ebendieser Tötungshilfe und zur Aufweichung der Grenzen beitragen.
Vielmehr brauchen wir eine Beratung Suizidwilliger anstatt Suizidassistenz zu regeln. Vor einigen Jahren haben wir mit Adelheid und Bernhard Simon in Berlin zusammengesessen. In ihrem Elternhaus ging der Kaplan Josef Ratzinger ein und aus. Adelheid war streitbar, die Berliner Zeitung hat sie einmal „Mutter Mutig“ genannt, sie war Mitgründerin von Donum Vitae. M dabei waren noch Anne und Nikolaus Schneider, die gemeinsam in den Medien ja heftig um den rechten Weg bei der Suizidassistenz rangen. Nikolaus trat als Ratsvorsitzender der EKD zurück, als Anne an Krebs erkrankte. Dazu kamen noch meine Ehefrau und Hausärztin Edelgard Ceppa-Sitte und ich.
Gemeinsam haben wir ein Konzept erarbeitet, wie man ähnlich Donum Vitae eine ergebnisoffene Beratung Suizidwilliger einführen könnte, um diese zu beraten, ohne die Selbsttötungen zu fördern oder zu verhindern. Und gerade durch diese ergebnisoffene, nieder- schwellige Beratung eine Selbsttötung zu verhindern.


10 Ave Maria

Ich möchte schließen mit einem weiteren Ave Maria aus dem dreimal täglichen Angelusgebet:
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus, der alles vollenden wird. Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes.
Amen

Beeindruckende Ehrung

Mit einer wunderbaren Feierstunde wurde mir das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Es sei nicht für die häusliche Schublade, sondern zum Herzeigen, so heißt es. Drum ist hier das Skript meiner Dankesrede, wer das Original hören mag, es ist auf YouTube 

2023-11-27 Ordensverleihung. Ansprache

Herzlichen Dank, Herr Oberbürgermeister. 

Gestern war Ewigkeitssonntag. Unser kleiner Festakt heute dreht sich ja auch um den Tod. Viele haben in den letzten zwölf Monaten einen lieben Menschen verloren. So bitte ich alle, sich für ein kurzes Totengedenken zu erheben.

Danke.

Wichtig bei Reden ist auch immer, was nicht gesagt worden ist. 

Wir kennen uns gerade gesundheitspolitisch schon etliche Jahre. Ihre lobenden Worte ehren mich sehr. Ich werde doch ein wenig ehrfürchtig vor dem, was Sie über mich sagen. Aber ich bin auch ein Mensch mit der einen Ecke oder Kante. Darüber haben Sie freundlich hinweggesehen. Alle, die mich kennen wissen, was nicht gesagt wurde.

Warum konnte ich so engagiert sein?

Nun, ich denke, weil ich einfach getan habe, was getan werden musste. Dabei habe ich zugleich eine sehr große Unterstützung in der Arbeit erfahren. Unterstützung nicht zu jeder Zeit in der Anzahl der Unterstützer. Aber in deren ausgesprochen hoher Kompetenz und Ihrem großem Engagement.

Ich bin nicht, was ich bin, einfach so nur durch Gene und biologisches Wachstum. Ich glaube, ich bin wie alle hier, ganz besonders ein Kind der Prägung durch das soziale Umfeld. 

Geboren wurde ich in Oberlemp im selben Bett wie meine Mutter. Ich empfinde dies schon emotional als etwas Besonderes. Meine Eltern konnten hochbetagt beide gut palliativ umsorgt in Frieden versterben. Von meiner Kernfamilie ist nur meine Schwester hier. Ich freue ich mich sehr, dass dazu mein Patenonkel da ist, der mich schon im Mai 1958 auf dem Arm gehalten hat. 

Ehrhard, auch Deine christliche Miterziehung hat mich sehr geprägt. An unserer christlichen Haltung ist einiges universell: Glauben, Vertrauen, Respekt, Ehrfurcht, Gleichberechtigung, Nächstenliebe wären da ein paar Blitzlichter, die man auch als Atheist und Agnostiker mittragen könnte.  Meine christliche Grundlage ist besonders „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst (das geht nicht, ohne auf sich selbst zu achten).

In früher Jugend kam ich zu den Pfadfindern vom BDP. Ein Teil des Versprechens, bzw. der Pfadfinderregeln hieß: Ich will Schwierigkeiten nicht ausweichen.” Wir Pfadfinder können aus einfachen Dingen etwas Tolles machen. So wurde auch ohne BioNTechs Forschung dieses Versprechen in mein Genom implantiert. Eine Mitpfadfinderin mit Bundesverdienstkreuz ist auch hier. Karin ist der Mensch neben meiner Schwester und meinem Onkel Ehrhard, also außerhalb der Herkunftsfamilie, den ich am längsten kenne. Karin, das empfinde ich als Geschenk.

Dann war ich auf dem Gymnasium. Vieles war schwierig in der Goetheschule, noch mehr war positiv prägend. Ich möchte wörtlich aus der Abiturrede unseres viel zu früh verstorbenen Klassenlehrers Peter Belling zitieren, einen Lehrer, wie man ihn sich heute noch wünscht. Er sagte in seinem letzten Satz wörtlich am 29. Juni 1977: “Jetzt sind Sie dran! Machen Sie das Beste daraus, aber denken Sie daran, daß man manchmal auch gegen den Strom schwimmen kann.

Ich war dann erst Zivi, Alten- und Krankenpfleger. Danach wollte ich in Gent beginnen zu studieren, lernte dort meine künftige Ehefrau Edel kennen. Es war bei mir absolut Liebe auf den ersten Blick. Schließlich habe ich mehr oder weniger studiert in Bochum, Bonn, Würzburg und Berlin.

Es gab also einige Auf und Ab mit vielen Stationen im Studium. Ganz am Ende, zu Beginn meiner ärztlichen Tätigkeit, sagte eine Patientin im März 1986 zu mir: “Bitte töten Sie mich!” Eine sehr emotionale Erfahrung, die mich für mein künftiges Berufsleben prägen sollte.

Ziemlich prägend sind auch meine sportlichen Erfahrungen. Insbesondere durch Jahrzehnte an Kontinuität. Die verpflichtende Regelmäßigkeit trotz Unlust, Platzregen oder Schnee zum Joggen und Mountainbike sich aufzuraffen. Beim Team Eisenhart mit Florian Haas, Kalle Vogel, Peter Hohmann und auch unserem Mitläufer Daniel Jaspersen und Mitfahrer Sergej Braun heißt es seit 25 Jahren immer: “Wir fahren nur kurz und flach.” Und wenn es nach langem Auf und Ab dann gar nicht mehr geht, kommt ein knappes: “…  Weiter!

Das hat mir sehr geholfen, als ein mächtiger Gegner mich Ende 2009 juristisch aus dem Verkehr ziehen wollte. Da lernt man schnell, dass wahre Freunde dünn gesät sind. Dem leitenden Staatsanwalt von damals, Dr. Peter Gast, werde ich mein Leben lang dankbar sein! Er bat mich im Juni 2010 zu sich und sagte wörtlich zu mir: “Wir als Richter und Staatsanwälte müssen die Gesetze anwenden. Sie als Bürger sind dazu da, die Gesetze zu ändern.

Das wäre mir allein nie gelungen. Ich bin innerlich eher selbstunsicher und zurückhaltend. Elke Kiltz, ehemals Leiterin im Referat Ehrenamt des HMSI und selbst Ordensträgerin sagte mir einen Satz, der auch in mein Genom einging: “Sie müssen die Lästigkeitsschwelle überschreiten.

Ich habe mit 65 Lebensjahren immer noch viele Hüte auf. So war ich wohl schon immer etwas speziell und bin nun für die meisten ein bunter Vogel. Aber wenn man hier im Saal sich umsieht, ziehe ich viele bunte Vögel an. Danke, Euch allen.

Und zum Schluss noch zwei Dinge, Margret Mead, eine amerikanische Soziologin und Philosophin prägte den Ausspruch: „Wenn Du glaubst, dass eine kleine Gruppe nachdenklich-engagierter Bürger nicht die Welt verändern könne, so irrst Du. In der Tat, anders gelang es niemals.

Deshalb ganz zum Schluss mein Wunsch, etliche hier sind bereits Mitglied im Förderverein der PalliativStiftung. Schön wäre es, wenn es jeder hier wäre und dieses Jahr noch mindestens ein, zwei weitere Fördermitglieder dazu wirbt. Sie tun damit Gutes und reden darüber. 

Denn um Leben und Tod wird im nächsten Jahr eine Diskussion im Bundestag und der Öffentlichkeit intensiv weitergehen. Dafür brauchen wir gute Aufklärung gegen Desinformation und allgegenwärtiges Framing.

Danke Euch und Ihnen Allen, Euer und Ihr Kommen hat mir sehr gut getan und nun geht es ans Netzwerken.

VORSORGEN!

Mein Wille geschehe.

Mein Wille geschehe ist das Thema unseres neuen Magazins „schöner leben … bis zuletzt“, das gerade erschienen ist. Es ist wieder eine bunte, gut lesbare Mischung von Heiteren, aber auch sehr, sehr ernsten Themen aus dem richtigen Leben. Sie können die PDF unter dem Link herunterladen oder auch eine gedruckte Ausgabe bestellen. Wir suchen auch weiter nach Palli-Aktiven, die gerne Druck und Verteilung etwas größerer Posten finanzieren wollen. Die Auflage sind wieder 20.000 Stück. Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aufklärung tut Not.

Und wir haben es auf den Punkt geschafft zeitgleich den ersten Teil unserer VORSORGEN!-Unterlagen online zu stellen. Unter www.vorsorgenmappe.de gibt es viele Informationen, die (je nach finanziellen Mitteln) immer weiter ausgebaut werden. Als unbekannten und sehr wichtigen Baustein haben wir die Vertreterverfügung dort eingearbeitet. Man erhält eine gute Anleitung dazu mit Antworten auf die häufigsten Fragen, kann sie online ausfüllen und dann als PDF speichern und ausdrucken. Ein ausgesprochen wichtiges Instrument in der Versorgung pflegebedürftiger und nicht mehr entscheidungsfähiger Menschen.

Schauen Sie es sich an. Wir sind auf die Rückmeldungen gespannt.

Stimmen Sie gegen beide Gesetze zur Selbsttötung!


Abstimmung zu Gesetzen über die Beihilfe zur Selbsttötung

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete des Deutschen Bundestages!

Bitte stimmen Sie gegen beide Gesetzentwürfe.

Fordern Sie bitte für sich und für die Gesellschaft mehr Zeit, die fundamentalen Fragen und Probleme rund um Leben und Sterben menschenorientiert zu diskutieren. 

· Es gibt bislang keine Diskussion über eine seriöse Folgenabschätzung im Falle der Inkraftsetzung.

GUTE GRÜNDE:

· Wenn jetzt im Hauruckverfahren ein Gesetz zur Förderung der Selbsttötung durchgepeitscht wird, schwindet die Motivation, notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Palliativversorgung durchzusetzen. Hier ist besonders die schon lange auch von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung genannte Notfallversorgung in Pflegeeinrichtungen mit dringend benötigten Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln zu benennen. 

· Es entstehen neue Gefahren zum Beispiel, dass Ärztinnen und Ärzte, die ihren Patientinnen und Patienten auch jetzt schon engagiert in allen deren Fragen zum Lebensende mit Rat und vielleicht ganz selten mit Tat zur Seite stehen, schlimmstenfalls bei Nicht-Beachtung neuer Regeln kriminalisiert werden.

DIE RECHTSLAGE:

Das Bundesverfassungsgericht hat am Aschermittwoch 2020 mit seinem Urteil den Wunsch des Individuums über den Schutz der Schwächeren gestellt. Damit müssen wir wohl leben. Gleichzeitig wurde uns allerdings geraten, Regeln zur so genannten „Sterbehilfe“, genauer: Tötungshilfe im Sinne einer Förderung der Selbsttötung zu schaffen. Das heißt aber nicht, jetzt übereilt und nicht notwendigerweise ein Gesetz zu verabschieden. 

DIE FOLGEN:

Schlimme Fälle dürfen nicht zu unzureichenden Gesetzen führen.

In der Schweiz haben sich die Suizide nach Einführung der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung mehr als verdoppelt und nicht abgenommen. Zugleich sind die Gewaltsuizide geblieben.

Warum sollte es in Deutschland anders kommen?

Die ohne breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger als Minimalkonsens zwischen wenigen Abgeordneten entworfenen Gesetzesvorschläge berücksichtigen weder Wissen noch Erfahrungen der allermeisten Praktiker und Experten, die täglich von verzweifelten Patienten um Hilfe beim Beendigen des Lebens gebeten werden. 

WAS ALLE BRAUCHEN:

Patientinnen und Patienten, die nach Suizid fragen, wollen Leiden gelindert bekommen. Sie wollen keine Übertherapie mehr ertragen. Sie wollen nicht als Last, sondern als wertvoller Mitmensch empfunden werden. 

Wir können so gemeinsam durch gute Aufklärungsarbeit und strukturelle Verbesserungen viele Tausend lebenswerte Jahre retten. Deshalb: Setzen Sie sich für zwingend notwendige Verbesserungen ein.

Fordern Sie bitte für sich und für die Gesellschaft mehr Zeit, die fundamentalen Fragen und Probleme rund um Leben und Sterben menschenorientiert zu diskutieren. 

Bitte stimmen Sie am Donnerstag gegen beide Gesetze!

Offener Brief der Deutschen PalliativStiftung zur Abstimmung im Bundestag am 06. Juli 2023

Sterben braucht (seine) Zeit.

Ein wunderbares Zitat:

„Wenn ich gewusst hätte, dass das Sterben so sein würde, hätte ich es früher getan“.

==============================================

Er hat aber wohl damit gemeint: „Wenn ich gewusst hätte, dass das Sterben so sein würde, hätte ich früher damit angefangen.

Wir alle brauchen einfach ein wenig Zeit zum Abschied nehmen. Das ist mit einer Sterbebeschleunigung durch Assistierte Selbsttötung oder Tötung auf Verlangen nicht. 

==============================================
Urvater der Whistleblower: „Pentagon Papers“-Enthüller Daniel Ellsberg gestorben

(aus Tagesschau.de:)

Der US-Whistleblower Daniel Ellsberg ist im Alter von 92 Jahren gestorben. Das teilte seine Familie in einer Stellungnahme mit, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.

Anfang der 1970er-Jahre machte er mit den sogenannten Pentagon-Papieren die geheimen US-Pläne im Vietnamkrieg öffentlich. Nun ist der Whistleblower Daniel Ellsberg im Alter von 92 Jahren gestorben. Der US-Whistleblower Daniel Ellsberg ist im Alter von 92 Jahren gestorben. Das teilte seine Familie in einer Stellungnahme mit, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.Ellsberg hatte Anfang der 1970er-Jahre die sogenannten Pentagon-Papiere enthüllt und so die geheimen Vietnamkriegspläne der US-Regierung publik gemacht. Er wurde wegen Spionage angeklagt, weshalb ihm bis zu 115 Jahre Haft drohten. Sein Prozess endete 1973, alle Anschuldigungen gegen ihn wurden fallen gelassen. Für seine Enthüllungen wurde er mehrfach ausgezeichnet.


Player: videoUrvater der Whistleblower: „Pentagon Papers“-Enthüller Daniel Ellsberg gestorben

https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/daniel-ellsberg-tod-100.html

Kerstin Klein, ARD Washington, tagesthemen, 17.06.2023 23:15 Uhr

Pankreaskrebs mit 92

Der Militäranalytiker, Autor und Friedensaktivist hatte im März dieses Jahres Freunde und Unterstützer darüber informiert, an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt zu sein und eine Chemotherapie abgelehnt zu haben. Seine Familie teilte nun mit, Ellsberg sei am Freitagmorgen im Kreise seiner Familie in Kalifornien gestorben. Zuletzt hatte sich Ellsberg immer wieder eindringlich zu den Gefahren eines Atomkriegs geäußert. Die Liebe und Anerkennung, die ihm in seinen letzten Tagen entgegengebracht worden sei, hätten ihn berührt, teilte die Familie mit. „Wenn ich gewusst hätte, dass das Sterben so sein würde, hätte ich es früher getan„, soll er an seinem Lebensende scherzhaft gesagt haben.

schöner leben …

es ist geschafft. Die ersten 500 meiner Kontakte haben unser neues Magazin als PDF erhalten. Nächste Woche bekommen wir die ersten gedruckten Ausgaben. Das war eine echte Nacht-und-Nebel-Aktion. Die erste Idee hatten wir im September. Konkret ans Konzept sind wir Ende November gegangen. Jetzt haben Wolf-Markus Haupt als Grafiker und ich als Herausgeber ein hübsches, kleines Magazin ins Leben gerufen.

Gerne können Sie es sich unter www.schoener-leben.info herunterladen.

Ach ja, warum so ein Titel. Erst dachte ich (zu) provokant an „schöner sterben“. Aber das passt überhaupt nicht. Uns geht es doch in der Hospizarbeit und Palliativversorgung zuerst einmal ums Leben. Um lebenswertes Leben. Um schöner leben. Darum der Titel 🙂

schöner leben … bis zuletzt!

VerHUNGERn?!

Was geschieht, wenn ich bei einem schwer hirngeschädigtem Menschen eine künstliche Ernährung beende?

Aktuell stellen wir gerade jeden Sonntag auf Osthessen News unser Buch „DIE PFLEGETIPPS – Palliative Care“ Kapitel für Kapitel vor. Letzten Sonntag war „Unruhe“ das Thema. Am Sonntag, den 18.12.22 wird es „Hunger“ sein. Nun fragte mich just heute die Pflegedienstleistung eines Altenheimes, wie es dem Patienten gehen wird, wenn man die künstliche Ernährung über eine PEG-Sonde abbricht. Schauen Sie doch einfach einmal Sonntag auf Osthessen News, in YouTube und Spotify.

Dazu möchte ich gerne hier noch etwas extra erklären. Erst einmal: Wir brechen die Ernährung nicht ab, sondern führen die künstliche Ernährung nicht weiter fort. Abbrechen oder nicht fortführen? Das ist emotional, ethisch und rechtlich ein himmelweiter Unterschied. Außerdem ist künstliche Ernährung nicht-natürlich, unnatürlich und darf nur mit der ausdrücklichen Einwilligung des Patienten geschehen.

Hat nun ein Mensch einen Hirnschaden, so muss man überlegen, was er wie lange gewollt hätte. Im Zweifel sollte man immer erst einmal für das Leben entscheiden. Aber nach Wochen, Monaten, Jahren, Jahrzehnten können sich solche Entscheidungen ändern. Ist es dann klar, dass der Mensch nicht mehr künstlich ernährt werden will, darf man dies nicht weiter fortsetzen.

Zeitgleich sollte man überlegen, ob andere lebenserhaltende Maßnahmen, Medikamente vielleicht auch nicht weiter fortgeführt werden sollten. Gehen wir jetzt einmal davon aus, dass der Mensch gut ernährt worden ist. Er bewegt sich nicht. Also hat er wenig Muskeln, die wurden schon lange abgebaut. Auch sollte er nicht besonders viel Fett haben, wenn er gut ernährt worden ist. Der sogenannte BMI, der Body-Mass-Index liegt bei ihm deutlich unter dem Wert, der für uns gesunde, aktive Menschen üblich ist. Ich selber wiege 79 kg auf 179 cm. Das ist ein BMI von 24,6.

Hunger und Durst hat ein Mensch der mit schwerem Hirnschaden kaum mehr irgendwelche Reaktionen zeigt sicher nicht. Er isst und trinkt nicht selber. Zeigt keine besonderen Reaktionen, wenn er keine Nahrung und keine Flüssigkeit mehr bekommt. Wenn ich abmagere bis auf die Hälfte, auf knapp 40 kg habe ich einen BMI von 12,4 und bin noch lange nicht am Sterben. Ich habe schon einmal einen ähnlichen Patienten mit einem BMI von knapp unter 9 erlebt. Da sind nur noch Haut und Knochen und geschrumpfte Organe. Aber das Leben geht weiter.

Entschließen wir uns also, nicht weiter das Leben künstlich zu erhalten, ist es für mich keine gute Idee, die Nahrung zu reduzieren oder abzusetzen und weiter Flüssigkeit zu geben. Selbst mit 500 ml pro Tag können wir oftmals das Sterben noch viele, viele Monate aufhalten.

Hat der Mensch viel Wasser eingelagert, Ödeme, kann ein Sterben sich auch ohne extra Flüssigkeit hinziehen. Der Speicher wird wie bei einem Kamel langsam abgebaut. Ich habe schon bei Ödemen sechs Wochen ohne Flüssigkeit erlebt.

Ich empfehle, Nahrung und Flüssigkeit ganz abzusetzen. Das fällt manchmal schwer. Man muss es auch nicht Hauruck von heute auf morgen übers Knie brechen. Aber das ist mein Ziel.

Die Medikamente sollte man auf das ganz Wesentliche reduzieren. Nur das sollten wir geben, was zuvor auch schon gegen Schmerzen und Unruhe nötig war. Wir sollten den Menschen gut beobachten und dokumentieren, was wir sehen. Wir werden meist merken, dass er entspannter, ruhiger, gelassener wird. Denn Fasten setzt Glückshormone, Endorphin, Endocannabinoide, Dopamin frei. Die tragen zum besseren Befinden bei. Das hat die Natur oder auch der liebe Gott, wie sie es eben glauben, sehr gut für uns eingerichtet.

Eine gute Mundpflege hilft. Da empfehle ich z. B. Zitronenbutter. Eiswürfel, Flüssigkeit halten den Mund auch feucht. Aber da braucht es viel und wenn der Mensch noch etwas schluckt, wird das Leben oder das Sterben verlängert.

Durch den Mangel an Flüssigkeit wird die Atmung auch deutlich leichter, die Lunge, das Herz ist entlastet. Oft kommt es sonst zu einer lauten Rasselatmung beim Sterben. Bei solchen Menschen ist dies fast nie der Fall. Überhaupt braucht es da keine oder kaum Medizin, Fachkenntnisse am Sterbebett. Oft braucht es aber (seelischen) Beistand durch einen erfahrenen Arzt, der auch Verantwortung mit übernehmen kann und sagen kann, was kommen wird und Ängste nehmen kann.

In der Regel geht das Leben dann nach fünf bis zehn Tagen zu Ende, wie bei einer Kerze, der das Wachs ausgeht. Es verlischt ganz ruhig.

Bei drohendem Burn Out: Self Care!

Pflege, Betreuung, Begleitung kann sehr belastend sein. Da hilft es der einfachen Regel zu folgen „liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst.“ Also bitte auch auf sich selber achten, damit man anderen beistehen kann.

Dazu gibt es einige Tipps im neuen Beitrag zu „DIE PFLEGETIPPS – Palliative Care“ https://osthessen-news.de/n11718980/selbst-gesund-bleiben-bei-drohendem-burnout-self-care.html

DIE PFLEGETIPPS – Palliative Care Kapitel 1: Was bedeutet „palliativ“ eigentlich?

16.10.22 – „DIE PFLEGETIPPS – Palliative Care“: Über dieses Buch mit seinen 45 Kapiteln hört die „Deutsche PallliativStiftung“ mit Sitz in Fulda immer wieder: „Wenn ich das vorher gewusst hätte, wäre uns so viel erspart geblieben!“ Das soll sich ändern. Deshalb wurden schon rund eine Million Exemplare verteilt. Und deshalb werden als Kooperation von OSTHESSEN NEWS und „Deutsche PalliativStiftung“ die 45 Kapitel einzeln multimedial aufbereitet:  45 Kapitel zu 45 wichtigen Themen in 45 Wochen. Immer sonntags auf OSTHESSEN NEWS.  Im Kapitel 1 wird der sperrige Begriff „palliativ“ erklärt.

Hören Sie es hier als Podcast. Vorgestellt von O|N-Redakteur Bertram Lenz und vorgetragen von mir: 

Spotify: https://open.spotify.com/episode/1zGXtW9wbGqNur7YER46Xd?si=AIEoZNLBTP2p0sd5fFvQLw


Sehen und hören Sie zudem jeden Sonntag im Zwiegespräch von Helmut Sämann mit mir auf dem You-Tube-Kanal „Frag den Sitte“ ein weiteres Gespräch zum aktuellen Kapitel. Hier der Link:

https://www.youtube.com/channel/UCt2Z_sRluHA9iMu9HFFzfAA


Die deutsche Version und 21 verschiedene Übersetzungen können als PDF-Datei unter https://www.palliativstiftung.de/de/shop/gedrucktes/die-pflegetipps-palliative-care kostenfrei heruntergeladen werden. 

Gedruckt kann das Büchlein bestellt werden unter https://www.palliativstiftung.com/de/shop/gedrucktes

Kapitel 1 „Was ist palliativ?“ 

In dieser Serie werden wir Vieles ansprechen. Was ist Palliativtherapie eigentlich? Es ist die Betreuung von Menschen mit einer weit fortgeschrittenen Erkrankung und begrenzter Lebenserwartung. Palliativtherapie lindert die Symptome und wir respektieren dabei, dass die Krankheit nicht mehr heilbar ist. Sie berücksichtigt den Menschen als Ganzes zusammen mit seinem Umfeld. „Palliative Care“ oder Palliativversorgung meint immer eine ganzheitliche Behandlung. Es ist nie nur der auf die eigentliche Therapie ausgerichtete Teil, sondern sehr umfassend. Neben Begleitung, Pflege, ärztlicher Betreuung, tragen in gleichem Maße viele andere Berufsgruppen zur angemessenen Therapie bei. Dazu gehören natürlich eine angemessene Schmerztherapie, Ernährung und verträgliche Medikamente. Die Minderung von Atemnot, Übelkeit und Erbrechen ist wichtig. Aber auch die seelsorgerische und emotionale Begleitung, psychosoziale Betreuung, Trauerarbeit, Supervision und vieles mehr. 

Lindernde Maßnahmen sind die ältesten und waren über lange Zeit auch die einzig möglichen Therapien. Diese gerieten aber durch die großen technischen und medizinischen Fortschritte im letzten Jahrhundert in den Hintergrund. Die Hospizbewegung in den späten 1960er Jahren hat die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit eines besonderen Umgangs mit unheilbar Kranken und Sterbenden gerichtet. Dies hat dazu beigetragen, dass Menschen neben medizinischer Behandlung wieder eine Palliation erhalten. Neben der medizinischen Versorgung möchten wir Sie in allen wichtigen Bereichen unterstützen und Sie so in einer schwierigen Situation auffangen. Wir haben erlebt, dass Menschen mit Hilfe der Palliativversorgung etwas ganz Besonderes aus der letzten Lebensphase machen – diese bewusst und würdevoll gestalten können.

Palliative Care bedeutet, die Aufmerksamkeit auf die Qualität der noch verbleibenden Lebenszeit zu legen. Es kann noch so viel getan werden, auch wenn gegen ein Fortschreiten der Grunderkrankung nichts mehr zu machen ist. Die Zielsetzung wird anders. Es ist nicht mehr der Kampf gegen die Krankheit, sondern das bestmögliche Leben mit ihr. Dieser veränderte Blickwinkel akzeptiert, dass das Sterben absehbar und unabwendbar ist. Er hilft, dass die verbleibende Lebenszeit an überraschender Tiefe und Qualität gewinnt.

Zentral ist nach wie vor die medizinisch-pflegerische Behandlung von Schmerzen und Beschwerden, wird aber durch eine sorgende, individuelle und aufmerksame Begleitung der Betroffenen und (!) ihrer Nächsten ergänzt.

Grundsätzlich soll der Patient seine ihm verbleibende Zeit in einer Umgebung verbringen dürfen, die auf seine individuellen Bedürfnisse eingehen kann.

 Dafür ist eine multiprofessionelle und interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig. Es geht in Palliative Care weder darum, „nichts mehr zu tun“, noch einfach um Sterbebegleitung. Wichtig ist hier ein sorgfältiges Abwägen, was in der Situation angemessen, notwendig und sinnvoll ist. Es erfordert Erfahrung und viel Einfühlungsvermögen um drohende Verschlechterungen und die damit verbundenen Ängste gut zu begleiten oder auch ganz zu vermeiden. Dazu gehört auch, diese offen zu benennen. Werden diese Krisen vermieden, können wir fast alle unerwünschten Krankenhauseinweisungen ebenso vermeiden! 

Neben dem Gefühl der Hilflosigkeit und Überforderung setzt sich Palliative Care mit den Betroffenen genau auseinander. Die Schwere der Situation wird nicht verdrängt, wir stellen uns ihr, bleiben dabei und helfen die Krise zu bewältigen.

Eine gute Palliativversorgung ruht auf drei Säulen, einer angemessenen Haltung, langjähriger Erfahrung und exzellenter Fachkenntnis.

 Der Mensch steht im Mittelpunkt aller Bemühungen. Dazu muss man oft anders als gewohnt miteinander umgehen. Bleiben, Aushalten und Mittragen wird nötig, wo andere lieber wegschauen. Palliative Care nimmt nicht alles Leiden, das würde der Komplexität von Trauer nicht gerecht werden. Sie trägt aber dazu bei, die Qualität des Lebens bis zum Tod – und darüber hinaus – zu verbessern.Oft wird das Leben dann reicher. Dies ist vor allem für jene wichtig, die dableiben und weiterleben.