Lebensverkürzung in Deutschland

Aktuelle juristische Situation zur Lebensverkürzung in Deutschland 

Es gibt viele Unsicherheiten, was in Deutschland erlaubt und was verboten ist.

In Deutschland ist immer der Patientenwille entscheidend, damit behandelt werden darf. Er kann auch schriftlich in einer Patientenverfügung dokumentiert werden. Ist kein Patientenwille bekannt, muss der mutmaßliche Wille herausgefunden werden, um eine dem – nun mutmaßlichen – Willen des Patienten entsprechende Entscheidung treffen zu können.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 26.02.2019 hat jeder Mensch in Deutschland das Recht sich an einem gewünschten Zeitpunkt das Leben zu nehmen und dafür auch die Hilfe in Anspruch zu nehmen, die er möchte. Dies ist völlig unabhängig von Alter, Krankheit, Hilfebedürftigkeit oder Leiden. Das Urteil warf die Frage auf: Kann ein Patient keinen Suizid begehen, hätte er dann ein Recht zur Tötung auf Verlangen?

Seit dem Urteil des BVerfGs ist nun jede Form von Beihilfe zum Suizid erlaubt. Dies gilt prinzipiell für alle Menschen jeder Berufsgruppe. So handeln auch Ärzte straffrei, die Suizidassistenz leisten. Die Berufsordnungen der einzelnen Ärztekammer halten die Beihilfe allerdings für unzulässig und bedrohen Ärzte nur theoretisch mit Sanktionen, denn noch nie (!) wurden sie in Deutschland angewendet.

Einzelpersonen und Sterbehilfeorganisationen wie Dignitas, Exit, Sterbehilfe Deutschland dürfen tätig werden. Dies ist sowohl gewerblich (gegen eine Vergütung), wie auch organisiert (z. B. im Verein oder einer Firma) und eben auch Einzelpersonen geschäftsmäßig (wiederholten, routinemäßigen) erlaubt. Erstaunlicherweise gibt es aktuell aber keine öffentlich bekannte Praxis der Suizidförderung durch die Gruppen, die geklagt hatten.

Das BVerfG hat zwar vorgeschlagen, dass der Staat über eine Regulierung, sowie eine Kontrolle nachdenken und eine solche einführen könnte. Das Recht gilt aber auch völlig unabhängig von Regeln und Kontrolle. In der Schweiz ist die Beihilfe zur Selbsttötung strafbar und nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Auch folgt nach jeder Suizidassistenz in der Schweiz ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren zur Überprüfung der Regeleinhaltung.

Definitiv verboten ist die Tötung auf Verlangen in Deutschland wie auch in der Schweiz. Sie ist strafbar nach § 216 StGB und lediglich in den Benelux-Staaten unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Getötet wird dort von Ärzten mit Medikamenteninjektion in einem Umfang, der für Deutschland etwa 25.000 Tötungen pro Jahr entspräche.

Ein Sterben zulassen ist immer geboten, wenn es dem Willen des Patienten entspricht (wegweisendes BGH-Urteil aus 2010). Eine Behandlung gegen den Patientenwillen und die auch die Nichtbehandlung von Leiden des Patienten ist eine Körperverletzung (§ 223 StGB). Leider ein alltägliches Problem in Deutschland, das nahezu nie zur Anzeige gemacht wird.

Ebenfalls verboten ist natürlich die Tötung ohne Verlangen. Ich gehe von einer hohen Dunkelziffer aus, wo entweder wegen mangelnder Erfahrung oder auch wider besseres Wissen bei schwerstkranken Patienten selbst ohne deren Wissen Medikamente gesteigert werden mit dem Ziel das Leben zu verkürzen.

Was tun, wenn man sich das Leben nehmen will. Das Wichtigste ist es, sich an jemanden wenden, dem man vertraut. Vertrauen sollte man eigentlich auch immer seinem Hausarzt. Das ist für mich ein sehr guter erster Ansprechpartner.

WENN der Entschluss, warum auch immer unumstößlich ist, braucht es dafür auch in Deutschland keine Organisation und kein Natriumpentobarbital, sondern es gibt viele andere Wege dazu. Man findet sogar fundierte Ratgeber im Internet dazu, die man für wenig Geld kaufen kann. Das klingt jetzt vielleicht zynisch. Ich kenne aber so manchen Patienten, dem das Wissen über die Möglichkeiten sehr gut geholfen hat, dass er weiterleben will.

2 Gedanken zu „Lebensverkürzung in Deutschland“

  1. Lieber Thomas, gut zusammengefasst ! Und genau in deinem letzten Satz beschreibst Du, warum ich u.a. gegen den Paragraphen geklagt habe: das ergebnisoffene Gespräch mit dem Wissen, dass wenn es wirklich unumstößlicher Wille ist, er auch bei mir Hilfe finden könnte, hält 99 % der Menschen doch noch im Leben und lässt den natürlichen Krankheitsverlauf zu, WAS IMMER MEIN ZIEL UND WUNSCH WAR UND BLEIBT !
    liebe Grüße! Benedikt

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